Das Saminatal – einst Überlebensort des Rotwildes in den Ostalpen

Für das Rotwild spielt das Saminatal eine ganz besondere Rolle. Es erinnert mich an Aremorica, das einzige Dorf und Bollwerk in Gallien mit Asterix und Obelix, das nicht von den Römern besetzt war. In unserem Fall war das Saminatal das letzte Refugium für das Rotwild im weiten Umfeld.

In der «Emser Chronik» von Johann Georg Schleh, 1613 verfasst und 1616 gedruckt, lesen wir, dass in der Grafschaft Vaduz eine «schöne Wildtfuhr» von Hirschen vorkomme. Im 19. Jahrhundert jedoch ist in den Fürstlichen Waldamtsberichten nur mehr von wenigen Stücken Rotwild die Rede. Warum dieser massive Wildrückgang? Die Wildbestände wurden immer stärker ausgebeutet, in Notzeiten wurde stark gewildert.

Der Wildrückgang war mit der Entwicklung von wirksamen Schusswaffen verbunden. Parallel dazu führten rigorose Abholzungen der Wälder, verbunden mit der Zunahme von Kleinvieh (Schafe und Ziegen), zu einem dramatischen Lebensraumverlust. Hirsch, Reh und Gämse verloren wichtige Einstandsgebiete und sie waren der Konkurrenz der Haustiere nicht gewachsen. Im Verlauf der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts fanden die Bestände des Rotwildes im Raum St.Gallen-Vorarlberg-Graubünden ihr vorläufiges Ende. Das Rotwild war ausgerottet. Auch im grösseren Kanton Graubünden gab es keine Rotwildnachweise mehr.

Der Archivar Elmar Schallert, der die Jagdgeschichte der Gemeinde Nenzing 1992 in der Rheticus-Schriftenreihe festgehalten hat, berichtet, dass um die Mitte des 19. Jahrhunderts in einem Gebiet von rund 50km2 im nordöstlichen Teil Liechtensteins, also mit Schwerpunkt im Saminatal, wenige Individuen des Rotwildes überlebt haben. Das Rotwild galt im übrigen Rätikon als ausgerottet, im weiten Umfeld lebten die letzten ihrer Art im Saminatal.

Im österreichischen Teil des Saminatals hatte der Textilfabrikant Carl Ganahl aus Feldkirch sein Jagdgebiet. Er hielt dort Rotwild in einem Gatter und um 1866 setzte er einige Tiere frei. Die Ausbreitung von hier kann nun in den Folgejahren in Richtung Prättigau und später in ganz Graubünden verfolgt werden. Das Saminatal ermöglichte damit die Wiederbesiedlung des Rotwildes nach einer Phase der Ausrottung in Teilen der Ostalpen. Mit Fug und Recht wird nun das Saminatal als Wildnisgebiet vorgeschlagen, wo das Rotwild seine Ruhe findet.

Zum Beitrag.

Empfehlen
  • Facebook
  • Twitter
  • LinkedIN
  • Pinterest
Share
Getagged in