Die «Übermöblierung» der freien Landschaft

Es fing so harmlos an und ich bekenne meine Mitschuld. Ich sah im Europäischen Naturschutzjahr 1970 im Zürcher Sihlwald den ersten Naturlehrpfad, den der damalige Stadtforstmeister Carlo Oldani mit Nummern auf niedrigen Pfählen an einem Wegverlauf markierte. Die Auflösung der Nummern-«Geheimnisse» war mit einem benötigten Faltblatt verbunden, worin die Informationen zu den einzelnen Nummern abgegeben wurden. (…) Wir übernahmen solche Informationseinheiten im Verlauf der 1970er Jahre auch für flächige Naturlehr-Anlagenmit Weihern im «St. Katharinenbrunnen» in Balzers und im «Haberfeld» in Vaduz und exportierten dann die Idee im Rahmen weiterer Projekte ins benachbarte Ausland.

(…)

Ab den 1980-er Jahren entstanden dann viele Waldlehrpfade und bald auch Lehrpfade «ab der Stange». Die Krankenkasse «Grütli» gab vorgefertigte Tafeln ab und viele Wälder wurden damit suk­zes­sive «möbliert». Weil die vorgefertigten Sujets im Set waren, gab es Baumarten­beschreibungen, für die dann nachträglich die Bäume gepflanzt wurden. Möglicherweise passten sie gar nicht an die ge­wählten Standorte. Noch skurriler empfand ich erstellte Weiher und Tümpel mit Seerosen, weil es die entsprechende Tafel gab, egal ob an Ort sinnvoll oder nicht. (…) Das war für mich der Zeitpunkt, auf Pro­jekte mit einer Landschaftsmöblierung jedwelcher Art zu verzichten. Die Inflation von Markie­run­gen aller Art in der freien Landschaft wurde mir ausser den Wanderwegmarkierungen zum Gräuel.

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